Atom-Energie: RUTE unterstützt Anschreiben an Merkel wegen Schrott-Reaktoren in Belgien

Essen Windrose 2001-20101Nicht nur, weil wir in Essen wie die Aachener auch in der Windschneise nord-östlich von Belgien liegen (siehe Grafik links und RUTE-Beitrag vom 27.11.), sondern auch aus grundsätzlichen Betrachtungen heraus, schließen wir uns dem Schreiben von Evangelischem Kirchenkreis Aachen und des Solarenergie-Fördervereins Deutschland (SVF) an die Bundeskanzlerin an, das wir hier wieder geben und um dessen weitere Verbreitung bitten. Auch unterstützt der RUTE die Petition zu diesem Thema – Link

Aachen, den 28.11.2015
An die Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland,

Frau Dr. Angela Merkel

Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

in großer Sorge um die Sicherheit und Gesundheit der Menschen im Dreiländereck von Deutschland, Belgien und den Niederlanden wenden wir uns an Sie persönlich.

Am 17.11.2015 hat die belgische Atomaufsichtsbehörde FANC trotz vielfältiger Proteste der Bevölkerung das Wiederanfahren der seit vielen Monaten aus Sicherheitsgründen abgeschalteten Kernkraftwerksblöcke Doel 3 und Tihange 2 genehmigt, obwohl die zur Abschaltung führenden technischen Mängel nicht beseitigt werden konnten. Mit dem Hochfahren der beiden Meiler wird für Mitte Dezember gerechnet.

Das Abschalten der beiden belgischen AKW-Blöcke erfolgte, weil ihre Reaktordruckgefäße tausende von Materialfehlstellen aufweisen, deren Anzahl und Ausdehnung sich von früheren bis zur letzten Untersuchung weiter vergrößert hat. Unten anhängend nennen wir einige Quellen zu den technischen Hintergründen.

Dem jetzigen Beschluss der FANC liegt, soweit wir informiert sind, keine von unabhängigen Institutionen erarbeitete Erkenntnis darüber zu Grunde, wie diese Risse entstanden sind und wie sich ein solcherart beeinträchtigtes Reaktordruckgefäß unter radioaktiver Strahlung im Normalbetrieb oder gar bei Störfällen oder terroristischen Angriffen verhalten wird.

Seit Monaten hat sich im Dreiländereck eine breite Protestbewegung gegen die von Doel und Tihange ausgehende massive Bedrohung entfaltet. Viele kommunale Parlamente – unter anderem der Stadtrat von Aachen – haben sich einstimmig gegen das Wiederanfahren gewendet. Eine in diese Richtung zielende Unterschriftenliste hat deutlich über 100.000 Unterzeichner gefunden. Die NRW-Landesregierung hat signalisiert, dass man unsere Sorgen teile, aber gegen die Energie-Souveränität Belgiens keine Handhabe besitze.

Uns ist klar, dass dies im Prinzip auch für die Bundesregierung gilt. Doch gehen wir davon aus, dass man unter befreundeten Ländern die Ratschläge und Sorgen des Nachbarn ernster nimmt, wenn sie mit der Autorität der leitenden staatlichen Organe vorgetragen werden. Deshalb appellieren wir heute an Sie persönlich, sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin, Ihr politisches Gewicht bei der belgischen Regierung dafür einzusetzen, dass die drohende Gefährdung abgewendet wird.

Im vorliegenden Fall möchten wir uns ausdrücklich nicht zu der Frage äußern, ob ein Ausstieg aus der Kernenergie die richtige Entscheidung ist. Es geht uns vielmehr um die Frage, ob eine technische Anlage mit außergewöhnlichem Gefährdungspotenzial in Betrieb genommen werden darf, obwohl die vom Konstrukteur vorgesehenen Sicherheitszuschläge durch unvorhergesehenen Verschleiß nahezu vollständig aufgezehrt sind. Diese Frage wird im Prinzip nicht nur von Gegnern, sondern auch von Befürwortern der Kernenergie einhellig verneint.

Wir in Aachen wohnen nur gut 60 Kilometer von Tihange entfernt in der Hauptwindrichtung und würden zu den Haupt-Betroffenen eines dortigen Atom-Unfalls zählen. Die Großstädte Düsseldorf, Köln und Bonn sind nicht viel weiter entfernt.

Ganz persönlich daher noch einmal unser eindringlicher Appell an Sie:
Bitte setzen Sie sich mit dem nötigen Nachdruck und auf allen Ihnen zur Verfügung stehenden Ebenen dafür ein, dass die drohende Gefährdung der Menschen im Dreiländereck durch das Wiederanfahren von Tihange 2 und Doel 3 unterbleibt! Die Reaktoren mit den schadhaften Druckbehältern müssen vom Netz bleiben!

Mit freundlichen Grüßen,

Im Original gezeichet:

Für den evangelischen Kirchenkreis Aachen
Superintendent Hans-Peter Bruckhoff

Für den Solarenergie-Förderverein Deutschland e.V. (SFV)
Alfons Schulte, Dr. Bernd Brinkmeier, Wolf von Fabeck

Quellen:
http://www.fanc.fgov.be/fr/page/doel-3-tihange-2-foutindicaties-in-de-stalen-wanden-van-de-reactorvaten/1488.aspx

http://fanc.fgov.be/GED/00000000/4000/4029.pdf,

www.stop-tihange.org/de/versprodungsprobleme-der-reaktoren-von-doel-3-und-tihange-2/#more-278

www.change.org/p/an-die-belgische-atomaufsichtsbeh%C3%B6rde-widersprechen-sie-dem-antrag-auf-neustart-der-rissereaktoren-tihange-2-und-doel-3

www.aachener-zeitung.de/lokales/region/entscheidung-steht-pannenreaktoren-gehen-ans-netz-1.1226747

Passend dazu auch die Position der CDU in der Aachener Region, die ebenfalls ein Umdenken der Belgier fordert..

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